Fach- & Arbeitskräftemangel. Kein Ausweg in Sicht – oder doch?
Eine persönliche Perspektive von Projektleitung Lina Spliethoff

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Langsam nervt der Begriff „Fachkräftemangel“. Ja, er ist da. Und auch ich bin davon überzeugt, dass Menschen bzw. Mitarbeitende einen der limitierenden Faktoren der Wirtschaft darstellen. Dennoch ermüdet mich der Blickwinkel auf diesen „Mangel“ und ich möchte lieber über Potentiale sprechen. Wir haben Möglichkeiten und sind der Situation nicht hilflos ausgesetzt!

Es braucht Bereitschaft zum Wandel. Denn der Arbeitsmarkt hat sich verändert: Nicht mehr die Jobs sind rar und begehrt, sondern die Menschen, die sie ausüben. Wir haben mehr Arbeit als Arbeitnehmende und die altbekannte Regel nach Angebot und Nachfrage zeigt deutlich, wessen Wert steigt. Wir müssen umdenken und brauchen Lösungen für diese Situation. Lösungsoptionen bieten sich dabei in verschiedenen Handlungsfeldern, was die Sache so komplex macht. Ich möchte einfach mal drei naheliegende Ansätze aufzeigen. Dabei ist der Dritte mein Favorit 😉

1. Digitalisieren, um immer wiederkehrende Arbeiten von Maschinenhand erledigt zu wissen. Wie gut sind Sie mit Start-Ups in Ihrer Region vernetzt? Oft wird dort Dynamik und Digitalisierung gelebt und man kann sich wunderbar inspirieren lassen. Fragen Sie doch mal Ihre regionale Wirtschaftsförderung, ob sie bei der Vernetzung helfen kann. Und das voneinander Lernen funktioniert beidseitig.

2. Ausbilden, um Fachkräftenachwuchs zu schaffen und Menschen Expertise zu geben. Durch gute Ausbildung und Anschlussperspektive dazu beitragen, dass die duale Ausbildung und das Studium endlich gleichwertige Anerkennung erhalten. Hier hat die Ausbildung einen erheblichen Wettbewerbsvorteil: Sie bringt den Menschen in Ausbildung Geld. Und wenn diese Menschen dann auch noch als wichtige Unterstützung und wertvolle Nachwuchstalente betrachtet werden (und auch so behandelt werden), erhöhen Sie auch noch die Wahrscheinlichkeit des Bleibens ebendieser. 

3. Ungenutzte Potentiale erkennen und diese für sich gewinnen. Dabei stechen insbesondere Frauen ins Auge.

Und hier die Good News:

 

  • Jede 3. Frau verlässt ihren AG nach der Elternzeit, nur 43 % kehren in ihre vorherige Position zurück1.

Durch gutes Kontaktmanagement während der Elternzeit lässt sich die Zahl minimieren. Orientierung kann hier der Blogbeitrag „Netzwerkpflegeprogramm“ bieten. Ebenfalls ist es möglich, während der Elternzeit in Teilzeit zu arbeiten. Unterstützen Sie die Eltern bei den Überlegungen und seien Sie offen für die Fragen und Möglichkeiten. Vielleicht können Sie den Kontakt zu Mitarbeitenden herstellen, die diese Situationen für sich bereits durchdacht haben und für einen Austausch bereit sind. Fördern Sie Gleichstellung, indem Sie werdende Eltern gleichermaßen Beraten – unabhängig des Geschlechtes.

 

  • Über 90 Prozent aller Beschäftigten mit Kindern ist die Vereinbarkeit mindestens genauso wichtig wie das Gehalt. Bei den Beschäftigten ohne Kinder sind dies immer noch 65 Prozent2.

Aha! Die wollen gar nicht alle mehr Geld. Und es gibt sogar kostenlose Maßnahmen, die Vereinbarkeit fördern. Nutzen Sie hier gerne das Factsheet mit den Umfrageergebnissen aus der MEO-Region „Was wünschen sich Beschäftigte“ als Gesprächsgrundlage. Kleiner Einblick: Den Hund mitbringen, Überstunden durch Freizeit ausgleichen oder ein neues Arbeitszeitmodell sind sehr gefragte Möglichkeiten! Und es ist klar, dass „Bürojobs“ da mehr Handlungsspielraum bieten. Aber auch für Blue Collar Berufe gibt es Möglichkeiten.

 

  • Würden alle Frauen mit Kindern unter sechs Jahren so viele Stunden im Job arbeiten, wie sie Umfragen zufolge gerne möchten, dann hätten wir mit einem Schlag 840.000 mehr Arbeitskräfte in Deutschland3.

Das Land NRW investiert in diesem Jahr 200 Millionen Euro in den Neubau, Erhalt und Ausbau von Angeboten der Kindertagesbetreuung. Das ist so viel wie noch nie. Wenn man nicht warten möchte, bis sich Effekte zeigen, muss man tätig werden: Betriebskitas, individuelle Angebote für Eltern oder Co-Working Plätze, die eine Kinderbetreuung anbieten. Gibt’s alles, kann man als Unternehmen gerne unterstützen.

 

  • Migrantische Frauen haben, unabhängig vom Migrationsgrund, eine geringe Erwerbsbeteiligung. Die Erwerbsmotivation nicht erwerbstätiger geflüchteter Frauen liegt bei über 81%. Wie passt das zusammen?4

Vorurteile erkennen, überdenken und ablegen. So kann man im nächsten Schritt vermeintliche Schwächen annehmen und Stärken nutzen. Wir haben doch diese hochkomplexe deutsche Sprache: Wie vielen Menschen allein aufgrund Ihrer Deutschkenntnisse Kompetenzen zugeschrieben oder aberkannt werden, ist erstaunlich. Haben Sie sich schonmal gefragt, ob die grammatikalisch einwandfreie, deutsche Sprache in Wort und Schrift für Ihre Vakanz überhaupt erforderlich ist? Oder ist es ihr Image, das sie fürchten, wenn aus Ihrem Haus eine E-Mail mit Rechtschreibfehlern versendet wird? Wie wäre es mit einer kleinen Ergänzung in der Signatur: „Bitte entschuldigen Sie mögliche Fehler. Deutsch ist meine Drittsprache und ich übe noch. Sprechen Sie mich auch gerne auf Arabisch oder Englisch an.“ Ihr Image als tolles Unternehmen, das Chancen gibt und zukunftssicher ist, weil es sich veränderten Bedingungen anpassen kann, ist dann Beifang 😉.

1 Stepstone-Studie: Elternzeit vor allem für Frauen Wendepunkt in der Karriere
2 BMFSFJ und Erfolgsfaktor Familie: Familienfreundlichkeit als Erfolgsfaktor für die Rekrutierung und Bindung von Fachkräften
3 BMFSFJ: Ohne Frauen geht es nicht
4 IAB-BAMF-SOEP Befragung Geflüchteter

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Lina Spliethoff

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