Faire Gehaltsstrukturen in KMU: Entgelttransparenz ohne Bürokratie schaffen

Jedes Jahr markiert der Equal Pay Day den Tag, bis zu dem Frauen rein rechnerisch „umsonst“ arbeiten – ein Symbol für die noch immer bestehende Lohnlücke zwischen Frauen und Männern. Besonders in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) fehlt es oft an klaren Regelungen zur Vergütung. Doch genau hier liegt eine große Chance: Mit einfachen, aber wirkungsvollen Maßnahmen können KMU Entgelttransparenz schaffen, ohne sich in bürokratische Hürden zu verstricken.

In diesem Artikel zeigen wir, wie Unternehmen Gehaltsgerechtigkeit verbessern und dabei gleichzeitig ihre Arbeitgebendenattraktivität steigern können – mit Fokus auf umsetzbare Strategien, die sich auch mit wenig Ressourcen realisieren lassen.

Warum lohnt sich Entgelttransparenz für KMU?

Viele Unternehmen befürchten, dass Gehaltstransparenz zu Unruhe führt. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall: Mitarbeitende, die verstehen, wie ihr Gehalt zustande kommt, fühlen sich wertgeschätzt und bleiben dem Unternehmen länger treu.

Konkret bringt Gehaltstransparenz folgende Vorteile:

  • Bessere Mitarbeitendenbindung: Wer sich fair bezahlt fühlt, bleibt eher im Unternehmen.
  • Attraktivität für Bewerbende: Fachkräfte achten zunehmend auf transparente Gehaltsstrukturen.
  • Geringeres Konfliktpotenzial: Weniger Missverständnisse und Unzufriedenheit durch nachvollziehbare Gehaltsentscheidungen.
  • Schutz vor unbewusster Diskriminierung: Einheitliche Kriterien minimieren Lohnunterschiede, die nicht auf Leistung basieren.

Doch wie lässt sich dies in KMU umsetzen, ohne komplizierte Vergütungssysteme einzuführen?

Schritt für Schritt zu fairen Gehaltsstrukturen

Viele kleine Unternehmen verhandeln Gehälter individuell – oft ohne eine einheitliche Basis. Das birgt Risiken: Wer besser verhandelt oder länger im Unternehmen ist, verdient häufig mehr als andere mit vergleichbarer Qualifikation. Um dies zu vermeiden, braucht es klare, aber flexible Leitlinien.

1. Gehaltsspannen für jede Position festlegen

Der erste Schritt zu mehr Transparenz ist die Definition von Gehaltsspannen pro Position. So entsteht eine faire Grundlage für Gehaltsverhandlungen.

So geht’s:

  • Orientieren Sie sich an externen Gehaltsbenchmarks, z. B. über Branchenverbände oder Gehaltsportale.
  • Berücksichtigen Sie interne Faktoren wie Unternehmensgröße, Umsatz und Verantwortungsbereiche.
  • Definieren Sie für jede Position eine Untergrenze, ein durchschnittliches Marktniveau und eine Obergrenze.
  • Ergänzen Sie Kriterien, nach denen ein höheres Gehalt gerechtfertigt ist (z. B. Zusatzqualifikationen, besondere Verantwortung, Teamleitung).


Praxis-Tipp:
Nutzen Sie eine einfache Excel-Tabelle, um die Gehaltsspannen zu dokumentieren. Ein Beispiel:

Mit einer solchen Übersicht haben sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeitende eine klare Orientierung.

2. Gehaltskriterien offen kommunizieren

Viele Unternehmen scheuen sich davor, offen über Gehaltspolitik zu sprechen. Dabei wünschen sich gerade Mitarbeitende mehr Transparenz.

So geht’s:

  • Formulieren Sie eine Gehaltsrichtlinie und teilen Sie diese mit Ihren Beschäftigten – zum Beispiel im Intranet oder in Mitarbeitergesprächen.
  • Legen Sie fest, wann und warum Gehaltsanpassungen erfolgen (z. B. nach einer bestimmten Betriebszugehörigkeit oder bei Erreichen neuer Qualifikationen).
  • Führen Sie jährliche Gehaltsgespräche ein, in denen die Kriterien für künftige Gehaltsentwicklungen besprochen werden.


Praxis-Tipp:
Bereiten Sie ein einfaches Handout mit den wichtigsten Gehaltsfaktoren vor.

Beispiel:

„In unserem Unternehmen basiert das Gehalt auf Marktdaten, Erfahrung und Qualifikation. Gehaltserhöhungen erfolgen regelmäßig nach 2 Jahren Betriebszugehörigkeit oder bei Übernahme zusätzlicher Verantwortung.“

Diese Klarheit nimmt Unsicherheiten und stärkt das Vertrauen.

3. Einstiegslöhne und Verhandlungsregeln standardisieren

Gerade in KMU werden Gehälter oft individuell verhandelt – ein potenzielles Einfallstor für ungleiche Bezahlung. Standardisierte Richtlinien helfen, ungerechtfertigte Unterschiede zu vermeiden.

So geht’s:

  • Definieren Sie für jede Position eine Standard-Einstiegsvergütung.
  • Legen Sie fest, welche Erfahrungen oder Qualifikationen eine höhere Einstufung rechtfertigen.
  • Begrenzen Sie die Spielräume für individuelle Verhandlungen, um strukturelle Ungleichheiten zu vermeiden.


Praxis-Tipp:
Halten Sie sich an eine klare Verhandlungsspanne – z. B. maximal 10 % Unterschied zwischen Einsteiger:innen mit vergleichbarer Qualifikation.

4. Regelmäßige interne Gehaltschecks durchführen

Auch wenn KMU nicht gesetzlich zur Entgeltanalyse verpflichtet sind, lohnt es sich, regelmäßig zu überprüfen, ob es unbewusste Gehaltsungleichheiten gibt.

So geht’s:

  • Erfassen Sie einmal im Jahr die Gehälter nach Geschlecht, Qualifikation und Betriebszugehörigkeit.
  • Prüfen Sie, ob signifikante Unterschiede bestehen, die nicht auf objektiven Faktoren beruhen.
  • Falls nötig, passen Sie einzelne Gehälter an oder entwickeln Maßnahmen, um bestehende Ungleichheiten schrittweise auszugleichen.


Praxis-Tipp:
Nutzen Sie kostenlose Analyse-Tools wie den eg-check.de des BMFSFJ oder eine einfache Excel-Auswertung. Das kostet wenig Zeit, schafft aber wertvolle Erkenntnisse.

Kleine Schritte, große Wirkung

KMU müssen keine komplizierten Vergütungsmodelle einführen, um Entgelttransparenz zu schaffen. Schon wenige Maßnahmen – wie klare Gehaltsbänder, standardisierte Verhandlungen und regelmäßige interne Checks – reichen aus, um Fairness und Gleichstellung zu fördern. Unternehmen, die hier aktiv werden, stärken nicht nur das Vertrauen der Mitarbeitenden, sondern auch ihre Wettbewerbsfähigkeit am Arbeitsmarkt. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um Entgeltstrukturen zu überdenken – nicht nur zum Equal Pay Day, sondern als langfristige Strategie für mehr Fairness und Motivation im Unternehmen.

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Marie Herrmann beantwortet gerne Ihre Fragen.

Marie Herrmann

Projektreferentin